Dramatische Szenen aus der Brandnacht: Die Kapellbrücke steht in Vollbrand.
Erschütterung und grosse Trauer
Für die Luzerner Bevölkerung war der Brand der Kapellbrücke ein grosser Schock. Am Ufer der Reuss, auf der Seebrücke und auf dem Rathaussteg versammelten sich tausende Menschen, um sich das Unmögliche mit eigenen Augen anzusehen. Es herrschte Entsetzen, Fassungslosigkeit und Trauer, viele Leute hatten Tränen in den Augen. Die Reaktionen, welche die «LNN» in ihrer Spezialausgabe abdruckte, illustrierten den Schmerz der Bevölkerung: «Man sieht den Leuten an, was der Verlust für Sie bedeutet. Viele Menschen weinten.» Oder: «Das ist ein trauriger Anblick, der mich sehr schmerzt.» Und: «Es ist wie ein Todesfall und eine eigentliche Katastrophe für die Stadt Luzern.»
Schlagzeilen rund um die Welt
Der Brand entwickelte sich rasch zum Medienereignis. Journalisten und Journalistinnen von überall her reisten nach Luzern. Die «LNN» verteilten wenige Stunden nach dem Brand ein Sonderausgabe. Das Interesse ging über die Schweizer Grenzen hinaus: Medien berichteten weltweit über die Zerstörung des Luzerner Wahrzeichens. France Inter rief an, Radio Dubai, Radio Hongkong, Radio Johannesburg und ABC New York, um nur einige zu nennen. Das Ereignis war so einschneidend, dass es die Titelseiten von nationalen und internationalen Zeitungen und Magazinen zierte. «Luzern weint!» titelt der Schweizer «Blick». Auf der anderen Seite der Welt zeigt eine grosse japanische Tageszeitung ein Bild der lodernden Brücke und schrieb: «Ein Stück Schweizer Geschichte in Flammen.»
Ein Stück Schweizer Geschichte in FlammenJapanische Zeitung
Ist eine Zigarette die Ursache?
Die Brandursache ist bis heute nicht mit Sicherheit geklärt. Am 20. Juli 1994 wurde die Untersuchung mangels Beweisen eingestellt. Eine achtlos weggeworfene Zigarette gilt als wahrscheinlichste Brandursache. Sie setzte ein Boot unter der Kapellbrücke in Brand und löste damit eine Kettenreaktion aus. Auch wenn die Täterin oder der Täter ausfindig gemacht werden könnte, würde sie oder er straflos bleiben. Straftaten wie Brandstiftung, eventual-vorsätzliche oder fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst verjähren nach 15 Jahren.
Wiederaufbau innert acht Monaten
Bereits am Tag nach dem Brand begann die baugeschichtliche Untersuchung der Brückenkonstruktion. Da die noch vorhandenen Planunterlagen für einen Wiederaufbau zu wenig detailliert sind, waren Forscher und Forscherinnen rund zwei Monate lang damit beschäftigt, jedes Brückenteil zu fotografieren, aufzulisten, zu zeichnen und zu beschreiben. Jeder Balken wurde inventarisiert. Mitte November 1993 erfolgte die Baufreigabe. Die beschädigten, nicht reparierbaren Teile wurden abgebrochen, die unbeschädigten Ziegel zur Wiederverwendung geborgen. Bereits am 10. Februar 1994 fand eine kleine Aufrichtefeier nach alter Zimmermannstradition statt. Zwei weitere Monate später, am 11. April 1994, waren die 3,4 Millionen Franken teuren Bauarbeiten abgeschlossen.
Tränen der Freude bei Kurt H. Illi
Die Wiedereröffnung der Kapellbrücke am 14. April 1994 war von Feierlichkeiten begleitet. Rund 200 Journalisten und Journalistinnen aus aller Welt wohnten der Feier bei, das Schweizer Fernsehen übertrug live aus Luzern. Unvergessen sind dabei die Emotionen, die den damaligen Luzerner Tourismusdirektor Kurt H. Illi anlässlich der Wiedereröffnung der Kapellbrücke übermannten. Er war so ergriffen, dass das Wahrzeichen der Stadt Luzern wieder in vollem Glanz erstrahlt, dass er vor laufenden Kameras in Tränen ausbrach. Dieses Mal waren es Freudentränen, die in die ganze Welt hinausgetragen wurden und die Kapellbrücke wohl noch berühmter machten.
Der Wiederaufbau der Kapellbrücke wird sofort in Angriff genommen.
Brandschutz auf höchstem Level
Beim Wiederaufbau wurde vor allem dem Brandschutz grosse Beachtung geschenkt. Die Massnahmen sorgten auf der Brücke für umfassende Sicherheit. So gilt heute auf der Kapellbrücke ein striktes Rauchverbot. Eine häufigere Reinigung wirkt der Gefahr entgegen, dass sich erneut Hitzestaus durch Spinnweben bilden. Rauchmeldeanlagen, Wärmekabel und Blitzschutz sichern die Brücke zusätzlich. Ausserdem überwacht die Polizei jeden Abschnitt mit Videokameras. Eine Massnahme, die mit blossem Auge kaum sichtbar ist, betrifft die Brandschutzgläser zwischen den Dreieckbildern: Zwei Bilder sind jeweils durch eine Glasscheibe getrennt. So soll in einem Brandfall verhindert werden, dass sich die steigende Hitze und das Feuer unter dem Dach ausbreiten.